Peter Tremayne: Tod im Skriptorium

Peter Tremayne wurde als Peter Beresford Ellis am 10. März 1943 in Coventry in England geboren. Aus einer Familie mit britischen, irischen, schottischen und walisischen Wurzeln stammend, begann er, Keltologie zu studieren und wandte sich schließlich dem Journalismus zu. Als er mit dem Schreiben populärwissenschaftlicher Romane begann, wählte er, um eine Assoziierung seines Namens mit dem Autor der Cadfael-Romane, Ellis Peters, zu vermeiden, das Pseudonym Tremayne nach einem Ort in Cornwall. Unter anderem schrieb er mehrere Schwester-Fidelma-Romane."„Tod im Skriptorium" erschien 2000 auf Deutsch im Aufbau Taschenbuch Verlag und wurde nun bei Rütten & Loening neu herausgegeben.
Historische Kriminalromane, die innerhalb von Klostermauern spielen, sind spätestens seit "Der Name der Rose" in Mode. Doch nicht jeder bedient sich einer so ausgeklügelten Symbolsprache wie Ecos Bestseller, und es wäre unfair, wollte man jeden ähnlich gewandeten Roman an diesem Vorreiter messen. Peter Tremaynes Kriminalroman aus dem alten Irland erinnert auch eher an Agatha Christie denn an Umberto Eco. Trotz des historischen Hintergrundes ist "Tod im Skriptorium" eine klassische Detektivgeschichte und kein historischer Roman.
Tremaynes Miss Marple heißt Fidelma von Kildare und lebt als Nonne im 7. Jahrhundert in Irland. Da sie gleichzeitig Anwältin ist und dem Herrscherhaus des Königreichs Munster angehört, wird sie von ihrem Bruder, dem zukünftigen Herrscher Munsters, gerufen, um einen Mord aufzuklären. Opfer war der Ehrwürdige Dacán, ein allseits geschätzter Gelehrter aus dem Königreich Leinster, der in der zu dem Königreich Munster gehörigen Abtei Ros Ailithir erstochen wurde. Leinster fordert das Kleinkönigreich Osraige, das vor Jahrhunderten als Sühneopfer Leinsters an Munster fiel, nun seinerseits als Sühneopfer von Munster zurück, da der Mord in den Verantwortungsbereich Munsters falle.
Fidelma reist mit dem Krieger Cass in die Abtei Ros Ailithir, um vor Ort die Ermittlungen zu führen. Unterwegs kommen sie an dem Dorf Rae na Scríne vorbei, das gerade von den Männern Intats, des örtlichen Machthabers des Stammes der Corco Loígde, der dem Königreich Leinster untersteht, niedergebrannt wird – angeblich, um der Gelben Pest zu begegnen. Fidelma und Cass finden Schwester Eisten und fünf Kinder in den Überresten des Dorfes und nehmen sie mit nach Ros Ailithir.
Dort werden sie von Abt Brocc, einem Vetter Fidelmas, empfangen. Fidelma beginnt umgehend ihre Ermittlungen, in deren Verlauf sie hinter den eigentlichen Grund des Aufenthaltes Dacáns kommt und bei denen einige Personen der Abtei zentrale Rollen spielen sollen. Da ist zum einen die Bibliothekarin Grella, die frühere Gemahlin des zu Tode gekommenen Gelehrten. Eine wichtige Rolle im weiteren Verlauf der Handlung spielt auch der leitende Arzt der Abtei, Bruder Midach. Und was hat es schließlich mit der Novizin Schwester Necht auf sich, die vom Abt Fidelma und Cass als Gehilfin zugeordnet wird und sich mitunter seltsam verhält?
Auch ein Abstecher in Kloster Sceilig Michil bringt keine endgültige Klarheit, doch ist Fidelma danach nicht mehr allzu weit von der Lösung des Rätsels entfernt. Zuvor kommen jedoch noch Schwester Eisten, Bruder Molua, der ein Waisenhaus leitet, samt des kompletten Personals eben dieses Waisenhauses und schließlich auch noch Cass ums Leben. Auch Fidelma selbst entgeht gerade noch so ihrer Ermordung.
Während der großen Ratsversammlung unter der Leitung des Großkönigs von Irland kommt es dann zum klassischen Show-down. In einer Gerichtsverhandlung soll über das weitere Schicksal von Osraige entschieden werden. Und hier entlarvt nun Fidelma im Stile eines Hercule Poirot die Schuldigen und löst das Rätsel um die Ermordung Dacáns in wahrhaft Christie’scher Manier.
Peter Tremaynes "Tod im Skriptorium" ist eine klug ausgedachte Detektivgeschichte im historischen Mäntelchen. Sie ist spannend erzählt und vermag durchaus auch in erster Linie historisch interessierte Leser in ihren Bann zu ziehen. Dabei bleibt das Historische aber immer – wenn auch sehr illustrativ präsentiertes – Beiwerk zu der zentralen Frage "Who’s done it?". Der Roman kann und will auch sein großes Vorbild Agatha Christie zu keiner Zeit verleugnen.
Wer Detektivgeschichten mag und sich durch ihre Verlegung in das frühe Mittelalter nicht irritieren lässt, wird mit "Tod im Skriptorium" bestens bedient. Was allerdings die beigefügte CD mit irischer Musik soll, wissen wohl allein die Verantwortlichen für diese Ausgabe. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass dies auf besonderen Wunsch des Autors geschah.

Peter Tremayne: Tod im Skriptorium. Historischer Kriminalroman. Aus dem Englischen von Friedrich Baadke. 351 Seiten. 1. Auflage. Berlin 2006. Rütten & Loening. € 18,– (Buch und CD)